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Ausblick auf ein Leben ohne das Problemverhalten (Teil 2)

Ausblick auf ein Leben ohne das Problemverhalten (Teil 2)

Lesezeit: ca. 10 Min.
In dieser Lektion möchten wir mehr über deine persönlichen Ziele, auf die du in den nächsten Wochen und Monaten hinarbeiten möchtest, herausfinden und uns mit den Möglichkeiten und Grenzen des Programms befassen. Wir werden dabei auch persönliche Stärken und unterstützende Faktoren betrachten, die dir eine Veränderung erleichtern werden, sowie einen Umgang mit möglichen Hemmnissen reflektieren, welche die Erreichung deiner Ziele erschweren könnten. Wir schließen die Lektion mit weiteren Berichten von Betroffenen und Experten zum Thema suchtartiges Verhalten und Verhaltenssucht.

Was soll konkret erreicht werden? Formulierung von Zielen:

Wir kommen nun zu einem zentralen Punkt: Deine Ziele für das Programm und die Zeit darüber hinaus. Psycholog:innen und Psychotherapeut:innen sind in dieser Hinsicht ziemlich eindeutig in ihren Aussagen: Veränderungen gelingen dann am wahrscheinlichsten und besten, wenn konkrete Ziele festgehalten werden, auf die hingearbeitet werden kann. Bei der Formulierung von Zielen sollten ein paar Grundsätze beachtet werden, damit diese auch sinnvoll genutzt werden und motivierend sein können:

1. Ziele sollen spezifisch formuliert werden (und so auch konkret überprüfbar sein): Wenn Ziele zu allgemein gefasst werden, lässt sich die Zielerreichung nicht gut feststellen. Daher sollten einfach und konkret überprüfbare Ziele gesetzt werden (z. B. „Ich möchte wieder mehr Sport machen“ vs. „Ich möchte wieder zweimal die Woche eine Stunde Sport machen“). 

2. Ziele sollten positiv formuliert werden: Damit Ziele möglichst attraktiv und motivierend sein können, sollten negative Formulierungen vermieden und stattdessen positive Formulierungen gewählt werden (z. B. „Ich möchte nie wieder Verhalten XY ausüben“ vs. „Statt Verhalten XY auszuüben, möchte ich künftig dreimal pro Woche Hobbys und Interessen nachgehen“)

3. Ziele sollen realistisch sein: Setze dir lieber kleinere Ziele, die sich realistisch erreichen lassen als Ziele, die nur sehr schwer oder eigentlich gar nicht realisierbar sind (Beispiel für ein unrealistisches Ziel: „Nach acht Wochen möchte ich fit für einen Marathon sein“).

4. Ziele sollen unabhängig von anderen Personen umgesetzt werden können: Für die Umsetzung deiner Ziele solltest nur du verantwortlich sein. Unterstützung von anderen ist natürlich hilfreich und schön – aber du solltest in Bezug auf die Erreichung der Ziele, die du dir für das Programm vornimmst, nicht auf die Unterstützung anderer angewiesen sein.

5. Ziele sollen in einem zeitlich absehbaren Rahmen erreicht werden können: Wähle Ziele, die sich in Wochen oder wenigen Monaten realisieren lassen. Wenn es mal um größere Ziele geht, setze dir Teilziele, die sich in diesen Zeiträumen erreichen lassen.

Zudem solltest du deine Ziele schriftlich festhalten, damit du dich immer wieder daran erinnern und sie dir vor Augen führen kannst.

Stelle dir nun die Frage: Was möchte ich mit Hilfe des Programms erreichen?

Formuliere unter Berücksichtigung der oben genannten fünf Punkte mindestens zwei Ziele, jederzeit auch mehrere, und notiere sie in deinem Workbook.

In den kommenden Wochen und Monaten kannst du immer wieder abgleichen, wo du gerade in Bezug auf die Zielerreichung stehst und ob die Richtung für dich weiter stimmt. Vielleicht kommt mit der Zeit auch noch das ein oder andere Ziel hinzu.

Aber denke daran: Sich zu viele Ziele auf einmal vorzunehmen kann auch zu Überforderung und Frustration führen, weil es unter Umständen zu schwierig und unrealistisch wird, all diese Ziele zu erreichen. Versuche also, für dich das richtige Maß zu finden, das dich herausfordert und motiviert, aber nicht überfordert und eher deprimiert zurücklässt. Und wie gesagt – es können immer noch Ziele ergänzt werden, wenn du merkst, dass der Prozess für dich schneller und erfolgreicher läuft als erwartet.

Manchen hilft es zur Motivation, sich ein Blatt mit den Zielen im Zimmer, neben einem Spiegel oder an der Innenseite einer Schranktür aufzuhängen, damit man die Ziele oft sieht, andere bevorzugen es, die Übersicht mit den Zielen im Workbook zu belassen und sie einfach bei Bedarf nachzuschlagen. Schaue, was dir am besten liegt.

Abstinenz vom Problemverhalten als Ziel:

Wir werden uns in Modul 2 ausführlicher mit dem Thema der Abstinenz im Hinblick auf deine suchtartige Gewohnheit befassen. Dabei werden wir näher auf biologische und psychologische Gesichtspunkte eingehen. Eine grundlegende Frage möchten wir an dieser Stelle aber schon einmal klären. Ergibt es Sinn und ist es wünschenswert, dir das Ziel der Abstinenz von der problematischen Gewohnheit zu setzen?

Die kurze und eindeutige Antwort darauf lautet: Ja. Vielleicht überrascht dich das nicht und entspricht ohnehin schon deinem Vorhaben. Vielleicht löst es in dir aber auch eher Unbehagen aus und stößt auf inneren Widerstand. Gerne würden wir dir vergewissern, dass es einen leichteren Weg gibt und der Gewohnheit noch problemlos weiter in geringerem Maße nachgegangen werden kann. Aber wir wären nicht ehrlich und würden die Lösung des Problems damit nur hinauszögern. Der für Betroffene vielversprechendste Weg ist der, die Gewohnheit ganz sein zu lassen – erst einmal über die Dauer des Programms und perspektivisch auch dauerhaft. Daher empfehlen wir, deine persönlichen Ziele um das weiter gefasste Ziel der Abstinenz von der suchtartigen Gewohnheit zu ergänzen. Und wir machen an dieser Stelle auch eine kleine Ausnahme von den Regeln zur Formulierung von Zielen. Die Ausnahme bestätigt hier also die Regel:

„Ab Ende der zweiten Programmwoche möchte ich meine Gewohnheit mindestens bis zum Ende des Programms nicht mehr ausüben.“

Über die genaueren Gründe für unsere Empfehlung, die konkrete Planung der Abstinenz für das Programm und den Umgang mit Schwierigkeiten bezüglich der Beibehaltung informieren wir dich ausführlich in den nachfolgenden Modulen. Wir wissen, dass das keine leichte Aufgabe ist. Aber wir gehen fest davon aus, dass sie für dich machbar sein kann. Wir werden dir in den weiteren Modulen und Lektionen, insbesondere auch schon in Modul 2, Mittel und Wissen an die Hand geben, die dir dabei helfen und dich so gut wie möglich virtuell unterstützen.