Ausblick auf ein Leben ohne das Problemverhalten (Teil 1)
In Lektion 2 werden wir nun einen Blick in die Zukunft wagen, der dir neue Perspektiven eröffnen und dir einen Motivationsschub geben kann, du wirst dir offen die Bilanz deiner suchtartigen Gewohnheit ansehen und deinen bisherigen Umgang mit dem Problem reflektieren. Zum Ende der Lektion wirst du darüber hinaus die Möglichkeit haben, Perspektiven von Betroffenen und Experten zum Thema suchtartiges Verhalten und Verhaltenssucht kennenzulernen.
Du hast dich für die Teilnahme am Programm entschieden, weil du dir eine Veränderung in deinem Leben wünschst. Deine suchtartige Gewohnheit nimmt gedanklich und zeitlich vermutlich viel Raum ein und bringt dich zunehmend in Schwierigkeiten, ob psychisch, finanziell, zwischenmenschlich oder anderweitig. Du machst dir Sorgen, in eine Verhaltenssucht hinein zu geraten und längerfristig die Kontrolle über dein Leben zu verlieren. Dennoch hält dich etwas an der problematischen Gewohnheit fest. Sie gibt dir zumindest kurzfristig etwas, auf das du nur schwer oder gefühlt gar nicht verzichten kannst.
Wir möchten nun zunächst einmal die Frage in den Raum stellen: Wie wäre eigentlich ein Leben ohne die Gewohnheit? Versuche, dieser Frage innerlich und in Ruhe nachzugehen. Wie würde dein Leben aussehen, wenn du die Gewohnheit von jetzt auf gleich ablegen könntest?
Durch die Gewohnheit hast du – das können wir mit hoher Gewissheit annehmen – einen gewissen Teil deiner inneren Freiheit und Selbstbestimmtheit verloren. Vielleicht fühlst du dich immer wieder getrieben und sogar manchmal so, als könntest du dein Verhalten nicht mehr ohne Weiteres steuern und die Kontrolle verlieren. Das fühlt sich vermutlich mitunter sehr belastend an und lässt Selbstzweifel in dir aufkeimen. Möglicherweise hast du manchmal auch mit Schuld- und Schamgefühlen zu tun und fragst dich, ob du einfach ,,zu schwach” bist, um dich von der Gewohnheit loszusagen. Wie wäre es wohl, wenn du von diesem Dilemma und diesen Zwängen plötzlich befreit wärst? Wie würde sich das Leben anfühlen?
Deine suchtartige Gewohnheit bindet vermutlich viel Zeit und viel Energie. Wie würdest du die zurückgewonnene Zeit und Lebensenergie nutzen? Was würdest du mit der wiedererlangten oder neuen Freiheit und Selbstbestimmtheit so alles anstellen? Am besten nimmst du dir an dieser Stelle ein paar Minuten Zeit, suchst dir einen bequemen Ort zum Liegen oder Sitzen, holst dir ein Lieblingsgetränk nach Wahl und lässt die Fragen einmal in Ruhe wirken und vielleicht das ein oder andere Bild vor deinem geistigen Auge entstehen. Träumen ist hier erlaubt, auch wenn vielleicht eine kritische Stimme in dir das Gegenteil behauptet und dir das Gefühl vermittelt, dass das falsch oder peinlich sei.
Bei dem Ausblick auf ein Leben ohne die suchtartige Gewohnheit haben wir uns auf die zurückgewonnene Freiheit und Selbstbestimmtheit konzentriert und welche Chancen und positiven Veränderungen sich daraus für deine Zukunft ergeben würden. Wir möchten nun in einem weiteren Schritt mit dir eine Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen deiner Gewohnheit im Sinne einer „Pro-Contra-Liste“ vornehmen. Es gibt Dinge, die für dich, zumindest kurzfristig, positiv mit deiner Gewohnheit verbunden sind, sonst hättest du nicht damit begonnen und könntest sie leichter loslassen. Aber gibt es auch langfristige positive Auswirkungen? Und welche Folgen deiner Gewohnheit sind kurz- und langfristig unangenehm und negativ für dich?
Meist zeigt sich bei problematischen Gewohnheiten eine typische Verteilung: Die kurzfristigen Konsequenzen sind überwiegend positiv, wie zum Beispiel die Euphorisierung und Entspannung, die bei und kurz nach Ausübung der Gewohnheit eintreten – die langfristigen Konsequenzen sind hingegen fast ausschließlich bis gänzlich negativ, wie zum Beispiel entstehende Probleme in sozialen Beziehungen sowie in Ausbildung oder Beruf und der Verlust von Hobbys und Interessen.
Es kann sehr hilfreich sein, sich so eine Pro-Contra-Liste vor Augen zu führen, um eine innere Motivation aufzubauen und sich selbst bewusst davon zu überzeugen, sich hin zur Veränderung und weg von den vorhandenen oder drohenden negativen Folgen zu bewegen. Gerade auch in Momenten, in denen alles überfordernd erscheint und man kurzzeitig die Orientierung und Motivation verloren hat. Dann kannst du dich immer wieder von Neuem für deinen Plan und das Programm entscheiden. Oder wenn der unvernünftige, ,,suchtanfällige” Teil in dir sagt, dass dieser Aufwand doch nicht nötig sei und alles getrost beim Alten bleiben könne. So gehen dir diese Gedanken und Feststellungen nicht verloren.
Vielleicht kannst du sogar für dich beantworten, warum das eine für dich nicht funktioniert hat – woran der Versuch gescheitert ist – das andere aber doch zumindest etwas funktioniert hat. Vielleicht hast du darüber hinaus auch Gedanken dazu, was dir wirklich weiterhelfen könnte und was du brauchst, damit eine Veränderung möglich wird. Natürlich werden wir dir hierzu im Programm einiges an Input zur Verfügung stellen und dir zahlreiche Anregungen und Anleitungen vermitteln. Eigene Erfahrungen, Gedanken und Lösungsansätze, die sich vielleicht mit der Zeit entwickeln, sind aber immer wichtig und verdienen in jedem Fall Reflexion und Wertschätzung.